Moin,
die hier gezeigten Dokumente sind didaktisch etwa 25 Jahre hinten dran und befeuern genau das Phänomen der Inakzeptanz des Lernens. Niemand setzt sich freiwillig und mit Vorfreude einem solchen Parcours aus. Es geht hier bei beiden Dokumenten um benoten und bewerten, was bedeutet, es gibt eine dominant kompetente Person und eine, die sich dieser Dominanz beweisen muß.
Es ist für den Testkandidaten auch überhaupt nicht klar, nach welchen Kriterien die Bewertung stattfindet, da es keine neutrale Vorgabe gibt. Das bedeutet, ausgeliefert zu sein und auf das Wohlwollen des Prüfers zu hoffen. Das erzeugt insgesamt keine Atmosphäre des Lernens.
Aber wer kritisiert, muß aus liefern:
Mach doch ein paar Pakete, aus der ein Prüfling nach einer Beratung wählen kann:
- Alles am Platz: Vorflugkontrolle, Handling von Motor und Zelle, Funk und Verkehr in der Platzrunde inklusive Landeeinteilung und Nachbereiten des Fliegers und des Fluges
- Von A nach B: Flugvorbereitung mittels Tool des Prüflings, Wetter etc, Erreichen und Einfliegen in die Platzrunde Platz B, eventuell abdrehen nach C
- Wie fliegt meine Kiste überhaupt so? Handling und Koordination, ein paar saubere Manöver, Motorausfall / Gleitflug und ein paar Landungen
Gäbe noch tausend andere Pakete, die man basteln kann.
Wenn das Paket ein paar Tage zuvor gewählt ist, konzentriert sich das Team auf diese Inhalte. Der Lehrer schaut auch, was mit den anderen Fähigkeiten ist, die nebenbei anfallen und nicht explizit im Paket aufgeführt sind.
Alle Dinge des Paketes werden im Flug trainiert und besprochen, einzelne Fragen im Debriefing geklärt. Wenn es gefallen hat, macht man gleich danach noch ein Paket, das eventuelle Punkte des Lehrers beinhaltet, die aufgefallen sind. Wenn es gefällt, macht man vielleicht ja ein Paket pro Jahr freiwillig?
Für die freiwilligen Pakete: Spornrad oder überhaupt mal ein anderes Muster? Höhenflüge mit FIS? Fliegen bei Wind und Wetter?
Keine Noten, kein Parcours, keine Prüfungssituation.
Wenn ich fliegen gehe, ist das erklärte und gebriefte Tagesziel: maximale Freude bei größtmöglicher gegenseitiger Unterstützung.
Gruß Raller
Steffen_E schrieb:Ich spreche von den wirklich gefährlichen Dingen. Bugrad abbrechen bringt keinen um, unkoordiniertes Kurven schon eher, wenn Fahrt am unteren Ende.
Die Fehler sich in schlechtes Wetter zu manövrieren tauchen seltener auf als klassische Handwerksfehler wie Schmierkurven, oder Bugradhüpfereien.
Sicher, der letzte Fehler ist dann handwerklich (Kurve zuziehen oder sowas), aber viel interessanter ist alles davor, was einen erst dahin bringt und letzten endes komplett überfordert.
Auf der psychologischen Ebene wäre viel Potential, um kritische Situationen garnicht erst entstehen zu lassen.
Chris
Ich erinnere mich auch noch an den Aufschrei einiger, als die Übungsflüge eingeführt wurden. An den Nachbarplätzen gab das rege Diskussionen. In meinem Verein werden diese Flüge hingegen schon seit 30 Jahren, durch Einführung einer Flugbetriebsordnung von jedem Mitglied gefordert. Das hat damals nachhaltig dafür gesorgt, das weniger Zwischenfälle passierten und alle einfach ein Stück fitter waren. Anfangs hatten wir ein festes Programm, nach 5-10 Jahren haben wir das aufgegeben und jedem Piloten ermöglicht Wünsche zu äußern und zusätzlich gewisse Standardübungen abzurufen, damit waren alle Recht zufrieden.
Von einem starren Programm was abgearbeitet werden muss halte ich absolut nichts, das muss man einfach an jeden anpassen können.
Moin,
es gibt einen ganzen Satz an Fähigkeiten, die zum sicheren Fliegen benötigt werden. Und in Analogie zu dem alten Sprichwort des schwächsten Gliedes einer Kette definiert die schwächste Kompetenz den Ausgang einer fliegerischen Herausforderung. Von daher kann kein Zaubermeister am Knüppel hirntod Strecke fliegen und der beste Theoretiker nicht bei Seitenwind landen.
Die eigentliche Frage am Anfang dieser Diskussion war: warum gibt es relativ viele Unfälle und warum tun wir nichts persönlich dagegen. Die Frage nach den individuellen Fähigkeiten kommt eigentlich erst später, spannender ist die Frage, warum Training nur als Pflicht und nicht als Belohnung gesehen wird. Da habe ich weiter oben ja schon ein paar Dinge aufgezählt.
Wenn man es etwas pauschalisiert, haben wir keine Traningskultur. Jeder, der übt, macht sich gefühlt angreifbar, weil nur "schwache" Piloten, Autofahrer, Segler etc üben müssen. Um sich dieser Gefahr nicht auszusetzen, übt man halt nicht und gibt somit nach aussen das Bild eines Kompetenten ab. Und da die Mehrheit in der Gruppe und auch der Gesellschaft dieses Modell teilt, bleibt es bei dem Selbstbetrug. Wie groß eigentlich der Wunsch ist, aus dieser Gruppenbremse auszubrechen, kann man auch gut hier im Forum sehen. Es gibt großes Interesse an Unfällen und Unfallberichten, weniger wegen der Lust an Schmerz und Grusel, sondern auch, weil fast alle auch mehr Wissen und Können wollen. Es gibt also einen versteckten Bedarf an Training, Diskussion und Austausch, nur fehlt es an der Struktur, diesen Bedarf zu bedienen.
Es gäbe diverse Optionen, die Situation zu verbessern: indem individuell mehr Training nachgefragt wird oder auch, indem mehr Optionen zum Training angeboten werden. Meiner Meinung nach wäre der schnellere Weg, über die Verbände ein neues Trainingsangebot zu etablieren, das das klassischem Schulnoten- und Leistungsprinzip verlässt und damit auch die trainingsunfreundliche Kultur bricht.
Und das muß auch nicht immer im Flug stattfinden. Die Einweisung in ein modernes Programm wie SkyDemon oder Flymap etc auf einem Pad kann auch im Winter stattfinden und ergibt einen guten Startpunkt, auch mal wieder über Wetter, Notams etc nachzudenken und zu diskutieren. Entscheidend ist es, den Sinneswandel einzuleiten und auch innerhalb der Fluglehrer und Verbände deutlich zu machen, das insgesamt deutlich moderner gedacht und gearbeitet werden muß.
Gruß Raller
Chris_EDNC schrieb:im Prinzip schon, aber es ist eben trotzdem an letzter Stelle ein Handwerksproblem, wenn man aufgrund von Streß unsauber fliegt.
Auf der psychologischen Ebene wäre viel Potential, um kritische Situationen garnicht erst entstehen zu lassen.
auch wenn Dein relevantes Erlebnis Einflug in IMC ist, gibt es eine Menge Dinge mehr, die letztendlich mehr am Handwerk hängen, als an der Target fixation.
Das ist jedenfalls meine Erfahrung nach 20 Jahren als FI in Grenzbereichen.
Hallo Leute,
danke für eure tollen Beiträge. Als ich das Thema hier eröffnet habe hatte ich keine Idee wohin sich die Diskussion entwickeln würde, jetzt kristallisiert sich doch recht deutlich heraus das die individuelle Vorbereitung und Durchführung dieser Übungsflüge für die Meisten FI und Piloten der bessere Weg ist. Ich hatte eher erwartet das es doch den Wunsch nach einem roten Faden oder einer Richtlinie geben sollte, da habe ich mich getäuscht. Tatsächlich ist es so das ich auch sehr individuell mit Mängeln umgehe und einen Übungsflug danach ausrichte, dennoch habe ich einen roten Faden den ich versuche abzuarbeiten. Aus einem Übungsflug vor ein paar Jahren z.B. mit einem älteren Piloten wurden gleich mehrere Flüge, nicht nur weil ich Defizite aufgezeigt hatte, sondern weil der Pilot die Kritik angenommen hat und viel Spaß hatte mit mit zu trainieren. Nach 4 Flügen habe ich ihm dann auch meine Unterschrift im Flugbuch gegeben - und um auf die Frage zu antworten - durchfallen kann man eigentlich nicht, aber ohne die Unterschrift und Lizenznummer des FI im Flugbuch darf ein Pilot die Rechte seiner Lizenz nicht ausüben, auch wenn der Flug stattgefunden hat.
Fehler nicht sanktionieren sondern sie als etwas Positives zu betrachten fällt im ersten Moment vielleicht schwer, aber sicher ist es der einzig richtige Weg. Gerade bei den Übungsflügen besteht die Chance Fehler zu erkennen, anzusprechen und zu beseitigen. Wann sonst nach der Ausbildung hat man diese tolle Möglichkeit als Pilot? Es sei denn man fliegt in einer Gemeinschaft wie einem Verein, wo Piloten gerade nach der Winterpause auch ohne Zwang zum FI kommen und sich fit fliegen wollen! Viele Vereinen habe ja auch entsprechende interne Regeln, zusätzlich zu den gesetzlichen Mindestanforderungen.
ich bin im Moment mit Renovierungen in der Wohnung beschäftigt, deshalb immer mal eine Pause bei meinem Antworten, bzw. die fallen nur kurz aus.
Bis die Tage und viele Grüße aus Walldorf.
Michael
Michael_Kania schrieb:Ich möchte Dir ja nicht zu nahe treten aber meinst Du nicht, dass Du Deine Kompetenzen damit überschreitest? Es ist kein Prüfungsflug sondern ein Übungsflug.
Nach 4 Flügen habe ich ihm dann auch meine Unterschrift im Flugbuch gegeben
Mr. Lucky schrieb:Lucky, das ist tatsächlich durchaus so in den Auffrischungsschulungen gedacht. Mindestens in den mir bekannten ATOs/DTOs für GLD und TMG ist es so, dass der FI angehalten ist, die Schulung auf den notwendigen Umfang auszudehnen. Ich wüsste nicht, warum das bei UL anders sein sollte.
aber meinst Du nicht, dass Du Deine Kompetenzen damit überschreitest? Es ist kein Prüfungsflug sondern ein Übungsflug.
Als die Auffrischungsschulungen definiert wurden, war das genau das Thema um eine bessere Inübunghaltung sicherzustellen, als simple Flugstunden, die man ja auch sehr unterschiedlich verbringen kann.
Und ehrlich, wenn ich als FI die Unterschrift leiste, dass jemand erfolgreich auffrischungsgeschult wurde, dann möchte ich gerade stehen, wenn der Mensch sich eine Woche später in die Erde bohrt, dass es nicht aus mangelnder Fähigkeit war.
Du möchtest sonst als FI vor Gericht die Nebenklage der Hinterbliebenen nicht haben. Ich kenne einen Fall mit einer nicht ganz gerechtfertigt geleisteten Unterschrift und das möchte ich nie haben...
Wir reden aber immer noch vom Luftsportgeräteführerschein und nicht von einer Pilotenlizenz, oder?
Wie ... man braucht n Schein für UL ? :) :)
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