Kursabweichung, physische oder psychische Ursache?

Forum - Pilotenausbildung (SPL)
  • Moin,

    bei längeren Geradeausflügen, ist mir aufgefallen, daß der Flieger dazu neigt sich in den Wind zu drehen. Jedenfalls ist das die Systematik, die ich bisher feststellen konnte. Es geht also nicht immer nach links oder immer nach rechts sondern zumindest gefühlt immer Richtung zu großer Vorhaltewinkel. Wobei dieser Kurvenflug konstant ist.

    In der Maschine habe ich leider weder künstlichen Horizont noch Turn-Indicator sondern nur einen Slip-Indicator und den direkt vor mir, ich gucke also nicht schräg auf die Kugel. Wenn die Kugel genau in der Mitte ist und die Flächen gefühlt horizontal ausgerichtet sind, kommt es zu einem ganz leichten Kurvenflug. Würde ich die Maschine einfach weiter kurven lassen, würde sie wohl nach 90-120 Minuten Flug einen Volkreis gemacht haben. Der Effekt ist also echt nicht gewaltig. Er hört auch auf, wenn man dann irgendwann wirklich gegen den Wind fliegt, zumindest gefühlt. Den Effekt habe ich schon an zwei Tiefdeckern festgestellt.

    Meine Erklärungsversuche bisher:

    • Psychologisch: Ich gebe bei Seitenwind auch während des Flugs zuviel Vorhaltewinkel bzw. lasse auf der Luv-Seite doch etwas den Flügel hängen ohne es zu bemerken. Nur tritt der Effekt auch in großer Höhe (FL 65-95) auf, wo ich anhand der Windräder am Boden die Windrichtung nicht mehr erkennen kann.
    • Physikalisch 1: Der Schwerpunkt des Flugzeugs ist relativ weit vorne. Vorne ist der schwere Motor und auf dem Flügel der Pilot und das Benzin. Der hintere Teil des Flugzeugs ist im Vergleich dazu ein sehr großerer leerer Kasten inkl. dem Höhenleitwerk. Der Seitenwind hat hinten hinter dem Schwerpunkt also eine viel größere Angriffsfläche als vorne und dreht entsprechend den Vogel wie eine Windfahne genau gegen den Wind. Nur funktioniert eine Windfahne ja nur, weil sie in der Mitte einen festen Drehpunkt hat. Einmal in der Luft hat ein Flugzeug keinen Seitenwind mehr, weil es sich mit der ganzen ihn umgebenden Luftmasse bewegt.
    • Physikalisch 2: Die Lee-Tragfläche wird durch den Rumpf abgeschattet. Entsprechend ist dort die Windgeschwindigkeit (Fahrtwind) am Profil geringer als an der Luv-Tragfläche. Jetzt treten zwei Effekte an der Lee-Tragfläche ein:
      1. Durch die geringere Geschwindigkeit der anströmenden Luft nimmt der Auftrieb ab. Das Flugzeug müßte sich also aus dem Seitenwind herausdrehen. Der Pilot hält aber mit dem Querruder gegen, er will ja waagerecht fliegen.
      2. Durch die geringere Geschwindigkeit der anströmenden Luft nimmt der Widerstand an der Fläche ab im Vgl. zur Luv-Tragfläche. Dies führt dazu, die Maschine zur Luv-Seite kurvt. Bei einem Gleitschirm ist es ja ähnlich. Dort zieht man am linken Steuerseil für eine Linkskurve. Dabei zieht man die linke Flügelhinterkante nach unten. Eigentlich müßte der Schirm jetzt eine Rechtskurve fliegen. Unsere ULs tun das. Querruder nach rechts, die linke Flügelhinterkante geht nach unten, der linke Flügel nach oben und man fliegt eine Rechtskurve. Aber der Luftwiderstand beim Gleitschirm ist wesentlich höher als der zusätzliche Auftrieb, darum geht die Tüte mit "linkem Querruder unten" in eine Links- und nicht in eine Rechtskurve. Aber hier gilt wieder der gleiche Zweifel wie bei "Physikalisch 1", ich habe ja, wenn ich mich mit der ganzen Luftmasse um mich rum bewege, keinen Seitenwind mehr.
    • Physikalisch 3: Die Erde dreht sich unter mir weg. Den Effekt gibt es zwar, aber der würde nur zu einem Vollkreis alle 24 Stunden führen. Der Effekt im Flug ist aber weitaus heftiger.
    • Physikalisch 4: Ich fliege Kartenkurs und da die Karte eine Projektion ist eben nicht auf einem Großkreis. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß der Effekt auf 300km Flügen schon so heftig ist. Daher schließe ich das als Ursache auch mal aus.

    So, jetzt seid Ihr dran. In der Literatur habe ich dazu nämlich noch nicht so wirklich was gefunden.

  • cbk schrieb:
  • Einmal in der Luft hat ein Flugzeug keinen Seitenwind mehr, weil es sich mit der ganzen ihn umgebenden Luftmasse bewegt.
  • Physikalisch 2: Die Lee-Tragfläche wird durch den Rumpf abgeschattet. Entsprechend ist dort die Windgeschwindigkeit (Fahrtwind) am Profil geringer als an der Luv-Tragfläche.
  • Der erste Punkt stimmt.

    Der zweite Punkt ist damit ad absurdum.

    Deine weiteren Punkte eher von akademischem Wert....

    Also @cbk Christian, ich glaube, Du denkst ab und zu zu viel nach ;o) 

    Die Einflüsse während eines Fluges sind doch auch bei Kaiserwetter immer und ständig variabel. Jeder Pups, jede leichte Bewegung von Dir bringt soviel Unruhe in dein ultraleichtes Fluggerät, dass in der Addition aller von dir aufgezählten statischen und dynamischen Einflussgrößen eine stabile Situation eher unwahrscheinlich ist. Du sitzt links, bist von kräftiger Statur wenn ich das recht entsinne, auch hier eine Asymmetrie im Gesamtsystem Du und dein Gerät. Deine Tanks leeren sich mit der Zeit, vielleicht Flügeltanks, vielleicht einzeln geschaltet usw. usw.

    Und BTW - was dir die Windräder unten zeigen, hat i.d.R. nicht mehr viel mit dem Wind in der Höhe zu tun, erstens dreht er mit der Höhe, zweitens könnte es eine Inversion geben, die dann ganz andere Verhältnisse schafft und vieles mehr. Nur so am Rande.

    Und: Ich finde, ein Ultraleicht ist ein Ultraleicht ist ein Ultraleicht. Und kein Airliner. Auch keine 172 mit 3-Achs Autopilot. Dein Ultraleicht fliegt man halt mit der Hand. Und für mich ist das auch der Spass an der Sache. Die Nägel feile ich mir dann beim Mittlesen hier im Forum, aber nicht da oben.

    Gruß Thomas

  • Meine Erklärung:

    >>zu viel Zeit über der Tastatur - zu wenig Zeit im Flugzeug<<

    Geradeaus fliegen zählt zu den "schwierigen" Kunstflugfiguren. Und dieses Kunststück lernt man nur während man ein Flugzeug pilotiert.

  • Soeben wurde ein neuer Endlosthread geboren, ich tippe auf >1000 Postings. Im weiteren Verlauf wird es zu den ueblichen Streiterein kommen, 1-2 Forumssuizide eingeschlossen.

    @cbk: Versuche es mal mit Flaechen gerade halten. :)

    Chris

  • Chris_EDNC schrieb:
    Soeben wurde ein neuer Endlosthread geboren, ich tippe auf >1000 Postings. Im weiteren Verlauf wird es zu den ueblichen Streiterein kommen, 1-2 Forumssuizide eingeschlossen.
    Na endlich. War ja auch schon langsam langweilig ;o)

    Thomas

  • Erinnert mich an einen langjährigen Vereinsflieger. Als ich Theorieunterricht übers Slippen zur Vorbereitung auf die Praxis gab, wollte er unbedingt seine Erkenntnisse mit einbringen, z.B.:

    "Wenn man mal mit Rückenwind landen muss, darf man keinesfalls slippen, weil man damit dem Rückenwind mehr Angriffsfläche bietet ".

    Es gibt schon lustige Geschichten, bitte mehr davon.

  • Wahrscheinlich erzeugt dein Seitenleitwerk (bzw der gesamte Rumpfteil hinter der Hochachse) mehr Widerstand als der Teil vor der Hochachse, sollte mit einer Seitenrudertrimmung auszugleichen sein …

    Flugherb

  • So ein Mist! Grad wo mein Popcorn alle ist, wird es wieder lustig:

    Ein Flugzeug fliegt in der Luft und ist sogar davon umgeben. Das geht ja mal grad gar nicht! Wo kommen wir denn hin, wenn hier jeder einfach so mit seinem Flieger die ganze Luft wegschleppt? Wie egoistisch ist das denn?

    Andererseits erklärt sich das jetzt auch, wo der viele Wind neuerdings herkommt. Immer wenn mehrere Flieger in eine Richtung unterwegs sind, ziehen die ja ein großes Luftpaket weg. Hmmh, ich glaub ich geh mal lieber Nachgucken ob noch genug Luft um meinen Flieger ist. Wenn es noch reicht, fliege ich mit einem großen, roten Sack am 06.12. bei euch vorbei und gebe euch ein bischen davon ab.

    Der Nikolaus

  • CSS schrieb:

    >>zu viel Zeit über der Tastatur - zu wenig Zeit im Flugzeug<<
    <LOL>

    Kursabweichung, physische oder psychische Ursache?

    Meine Vermutung: Vielleicht hast Du einmal zu viel geslippt oder getrudelt?

    You made my day!

  • Moin,

    auch ein Airliner fliegt nicht geradeaus, wenn nicht der Autopilot den Kurs hält. Leichtes Wandern aus dem Heading ist völlig normal. Aber wie schon weiter oben geschrieben, da das Flugzeug immer mit der umgebenen Luft mitfliegt, gibt es keine langfristigen Luv- und Lee-Effekte. Diese treten nur aufgrund der Massenträgheit bei Turbulenz auf. Und beim UL spielen schon ein paar kg mehr links oder rechts der Mittellinie eine große Rolle aufgrund der geringen Gesamtmasse. Irgendwo stand, das es ULs gibt, die beim Vorbeugen im Cockpit neu getrimmt werden müssen, da das bisschen Lageveränderung schon Auswirkung zeigt. Ein gut ablesbares und genaues RMI kann helfen, die Kursabweichungen zu minimieren ( wenn das gewollt sein sollte ).

    Aber für VFR ist das eigentlich unnötig...

    Gruß Raller

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