Hallo UL-Gemeinde,
im Fragen-/Antwortenkatalog für die SPL-Prüfung (SPL-Trainer mit Stand 2012) wird unter Technik bei Frage Nr 8 die Aussage gemacht, die Querstabilität (Stabilität um die Längsachse) sei u.a. von der Pfeilung und der Schränkung abhängig.
Hat jemand dafür eine plausible Begründung?
Nach meinem Verständnis beeinflusst die Pfeilung die Stabilität um die Hochachse, nicht aber um die Querachse.
Auch der Einfluß der Schränkung auf die Querstabilität erschließt sich mir nicht ganz. Das könnte nach meinem Verständnis höchstens so gemeint sein, dass eine Schränkung natürlich einem frühen Strömungsabriss an der Außenfläche und damit einem Abkippen entgegen wirkt. Im Bereich normaler Anstellwinkel dürfte der Einfluss der Schränkung auf die Dynamik um die Längsachse aber gegen Null tendieren, oder?
Gruß Techbär
ulrichx: >hm.. also entweder die Antwort gehört zur Längsstabilität oder der Autor hat Schränkung und V-Form verwechselt.<
Wer? Der Autor des 1. Beitrages oder der Autor der Prüfungsfrage, die zu der blödsinnigen Feststellung führt?
Techbär: >...wird unter Technik bei Frage Nr 8 die Aussage gemacht, die Querstabilität (Stabilität um die Längsachse) sei u.a. von der Pfeilung und der Schränkung abhängig.<
Richtige Antwort: Die V-Form ist für die Querstabilität um die Längsachse "zuständig" - und natürlich die Querruder, wenn sie denn schränkungsrelevant eingestellt sind - in Neutralstellung also beide leicht nach oben, das Seitenleitwerk für die Richtungsstabilität um die Hochachse und das Höhenleitwerk für die Längsstabilität i.V. m. Einstellwinkeldifferenz und Schwerpunkt für die Querachse. Die zuständigen Achsen heißen also Längsachse, Hochachse und Querachse. Pfeilung kann bis zu einem gewissen Grade eine fehlende V-Form, die ungesteuert bei etwa 8° pro Flügel-Seite zu einem eigenstabilen Flugverhalten führt, "ersetzen" bzw. ergänzen. Ein Zuviel an V-Form *und* Pfeilung führt wegen Überstabilität zu Pendeln um die Längsachse, die in Kurven oft nicht mehr ausgesteuert werden kann.
Eine bitterböse Dauer-Auseinandersetzung wird im www.gleitschirmdrachenforum.de genau zu diesem Thema geführt, weil den flexiblen Drachen - die ja alle auch eine Pfeilung und V-Form besitzen - vom DHV (Deutscher Hängegleiter-Verband) ein unabhängig von der Gerätegröße konstantes Drehmoment an den Sprogs (festeingestellte Anschlag-Schränkungen) in typisch deutscher Rechthaberei vorgeschrieben wird, die Deutsche Fabrikate international definitiv in der Leistungsfähigkeit behindert, ganz besonders aber Frauen und leichte Piloten mit kleinen Drachen benachteiligt, so daß sie im internationalen Wettbewerb chancenlos sind. Wegen ungeeigneten DHV-Equipments (Meßfehler) wurden diese Werte jüngst sogar noch um 10% sicherheitshalber erhöht, d.h. aus sowieso schon sturen 50 Newtonmetern [Nm] - für jedes Gerät - sind nunmehr 55 geworden.
PS: Ausländer stürzen trotz "spitzerer" Einstellung ihrer Geräte ebensowenig ab, wie sie es bei ULs auch nicht wegen z.B. fehlenden Medicals tun - hört, hört!
Gruß hob
Man muss berücksichtigen, dass bis zu einer gewissen Anstellwinkelerhöhung der Auftrieb zunimmt und danach wird er zusehens geringer. Je dicker ein Profil ist, desto krasser ist dieser Effekt. D. h. dass sich der Auftriebsschwerpunkt immer weiter nach außen und damit V-Form bedingt nach oben und falls eine Flügelpfeilung vorhanden ist nach hinten verlagert wird. Dieses wirkt ein gutes Stück weit der Tendenz entgegen, dass mit zunehmendem Anstellwinkel der Druckpunkt nach vorne wandert.
Es sind also einige Komponenten, die die Stabilität beeinflussen und teils gegeneinander wirken.
Das ist also, so ähnlich wie das Aufrichtemoment eines Schiffes, welches stabil im Wasser schwimmt, obwohl 3/4 oder mehr davon (Containerschiff, bzw. zahlende lebende Ladungstransporter), aus dem Wasser ragen und durch Wind und Wellenschlag ziemlichen Störkomponenten ausgesetzt sind.
Ähnliches passiert beim Flugzeug.
Wer da ein tieferes Interesse hegt, der begibt sich am besten auf die entsprechenden Seiten der Modellbauer. Dort wird wesentlich mehr und deutlich extremer ausprobiert, als in der frautragenden Fliegerei.
Die Wirkung dieser Stabilisierungskräfte sollte man nicht unterschätzen. Mehr als einmal ist es mir passiert, dass ein (Modell) Tiefdecker sich auf den Rücken rollen ließ, aber anschließend nur mit Mühe in die Normallage weiterrollen wollte. Selbst bei Hochdeckern hat es dieses Phänomen, fehlkonstruktionsbedingt auch schon gegeben.
Bedingt dadurch, dass wir in den Kisten sitzen, ist keine ausgeprägte Eigenstabilität erforderlich. Man merkt es ja auch schon daran, dass man bei den meisten Maschinen, Kurven wieder ausleiten, bzw. ab einer gewissen Schräglage sogar stützend mit den Querrudern eingreifen muss.
Herzlichen Dank für die ausführlichen, engagierten und offensichtlich von großem Wissen getragenen Antworten. Das macht Spaß, ein solch komplexes Thema mit Euch zu durchdenken.
Durch Edgars Erklärung mit dem nach außen/hinten wandernden Auftriebsschwerpunkt bei kritischen Anstellwinkeln ist mir klar geworden, wie die Pfeilung zusammen mit der Schränkung unter bestimmten Bedingungen einen Beitrag zur Stabilität um die Nickachse liefert.
Auch die Erklärung "... wie ein Pendel" ist interessant. Bei kritischen Anstellwinkeln wandert der Auftriebsschwerpunkt wegen der Schränkung nach außen und wegen der V-Form gleichzeitig nach oben. Weil damit der Massenschwerpunkt, relativ gesehen, tiefer zu liegen kommt, hat die Schränkung damit indirekt eine positive Wirkung auf die Stabilität um die Rollachse (zusammen mit der direkten Wirkung der V-Form). Verstanden!
Noch nicht klar geworden ist mir der Einfluss der Pfeilung auf die Rollachse (Längsachse).
Hob schreibt, die Pfeilung könne bis zu einem gewissen Grade fehlende V-Form ersetzen oder die Wirkung der V-Form um die Längsachse ergänzen. Edgar bestätigt das anscheinend in seinem zweiten Beitrag.
Ganz bestimmt ist das gesichertes Wissen. Ich verstehe im Augenblick allerdings noch nicht den Zusammenhang.
Habt Ihr noch Geduld mit mir und könnt mir irgendwie erklären, welche Kräfte da zur Wirkung kommen?
Gruß Techbär
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