Motorausfall: Notlandung oder Rettung?

Forum - Unfallprävention
  • Nicht Anonym, sondern Maraio. Das ANONYM baut bekanntlich die Forensoftware in den 1. Post hier ein.
    Ausgekoppelt aus ′Motorausfälle′.

    Quax der Bruchpilot schrieb:
        1 x P92 Motorausfall wegen defekter mechanischer Benzinpumpe. Außenlandung
        1x FK9 Motorstillstand wegen defekter Benzinleitung. Außenlandung.
        ....  1x Totalschaden, 1x neues Fahrwerk

    .

    Maraio (ich) schrieb:

    Du bist nie auf die Idee gekommen, die Rettung zu ziehen? ICH würde in den wenigen Sekunden die für eine Entscheidung bleiben wohl auch versuchen zu landen wenn es irgendwie nach Wiese und nicht nach München City oder Wald unter mir aussieht.

    Quax schrieb:
    Moin!
    Warum die Rettung ziehen und alle Handlungsmöglichkeiten aus der Hand geben.
    Solange ich ein steuerbares System habe, ist es doch kein wirkliches Problem. Ein Segelflieger auf Strecke wird die Diskussion schon nicht verstehen.

    Stelle Dir mal folgendes Szenario vor: Motorausfall über durchschnittlich bewohntem Gebiet. Du ziehst die Rettung, hängst am Schirm, puuh alles gut gelaufen. Der LEICHTE Wind weht dich zum nächsten Haus (ein Windrad steht glücklicherweise nicht in der Nähe). Du landest einigermaßen sanft auf den Dach im 4. Stock. Bis dahin war alles gut, dann allerdings rutscht Du schön angeschnallt langsam über die Dachkante. Unten bist Du dann leider tot.

    Wenn ich nicht über dem Schwarzwald fliege, und Flügel habe und steuerbar bin, reicht ein rumpeliges Feld. Ich flare aus und habe dann am Boden irgendwas zwischen 40 und 50 Kmh (bei meinem Flieger noch weniger). Da ist nicht mehr viel Energie drin. Bei meinen Erlebnissen wurde dann die Restenergie beim Zerlegen des Fahrwerks  verbraucht.  (OK, es hat immerhin so gerumpelt, dass einmal der Flieger ordentlich demoliert war.) Sowohl ich als auch meine "Liebste" hatten aber nicht mal einen blauen Fleck.

    Versteh mich nicht falsch! In der entsprechenden Situation ziehe ich sofort die Rettung! Aber nur dann......
    Grüße

    so, und jetzt gehts endlich weiter:

    Sehe ich genauso. Siehe oben, "über München City oder Wald würde ich die Rettung ziehen."  Über "Häusern" ohne Landemöglichkeit auch.  Was man dann im Fall der Fälle tatsächlich macht, ist sowieso eine andere Geschichte...
    Was mir aber zu denken gibt: hier am Platz ist der BRS-Service für halb Europa.  Der sagte bei einer Besichtigung während meiner Ausbildung: gestorben sind nur die, die die Rettung NICHT gezogen hatten!
    Wenn ich mal wieder **in der Woche** vor Ort bin  geh ich mal rüber und frage, wieviele MIT gezogener Rettung gestorben sind und warum.
    Ich werde berichten...kann etwas dauern.

    Ergänzung: "mit 120 bis an den Boden fliegen" hat der FL während der Ausbildung gebetsmühlenartig wiederholt, ist im Hirn eingebrannt. Ich fliege ohne Böen mit 100 an, und bei knapp 80 fällt die P96 bei meiner Klappenstellung dann runter. Das ist dann trotzdem leider schon die 2,5-fache Energie verglichen mit Deinen 40... 50 km/h (ist ja quadratisch zur Geschwindigkeit). Da bist Du mit Deinem ′lahmen′ Flieger schon in einer Komfortzone in Bezug auf Energievernichtung! 
    Ne WT-9 fällt mit 2 Personen und halbvollen Tanks bei etwa 65 km/h runter, im Sommer ausprobiert. Unter 100 wird der FL (ist 1.95 gross und nicht spindeldürr) nervös...
    Ob ich es im Fall der Fälle tatsächlich schaffe den Stoppelacker ′nahe der Schwelle′  zu treffen?  Wahrscheinlich schon.
    Aber mit paar % über Stall-Speed?  Das werde ich eher nicht hinkriegen... ein Parameter zu viel in der Notsituation.
    Also sehe ich bei der Notlandung ′3x so alt aus wie Du′ mit Deiner lächerlich niedrigen Aufsetzgeschwindigkeit/zu vernichtenden Energie.
    Warum schreibe ich das?  Viell. ist bei Fliegern mit höherer stall speed die Rettung doch schlauer. 
    Mal sehen was der BRS-Mann sagt.

  • Wie schon geschrieben...kommt drauf an. Also solange meine Mühle flugfähig ist und nur der Quirl steht, wird geflogen und gelandet. Das dies nicht ohne Beschädigung des Fliegers oder mir ausgeht ist möglich. Das ist bei einem Schirmzug aber nicht anders. Ein Grossteil derjenigen die den Schirm gezogen haben, haben massive Rückenverletzungen weil Du immerhin mit gut 6m/s aufschlägst.

    Auf nicht landbarem Gelände wie z.B. Wald oder Wasser, würde ich vermutlich den Schirm ziehen wobei in erstem Fall das Leben trotzdem davon abhängt wo der Flieger reinrasselt. Ist es eine Tanne mit dünnen Ästen wird da wohl genug Energie vernichtet das man irgendwann unten ankommt ohne starke Blessuren, ist es ein Laubbaum mit dicken Ästen dann ist es schlicht Glückssache ob Du in der Krone hängenbleibst oder dann aus 30m runterfällst und auch mausetot bist.

    Ach ja und dann kommt noch der Moment wo die Höhe entscheidend ist. Stellen wir uns mal den klassischen Landeanflug vor. Bist also in der Platzrunde vielleicht noch 600ft über Grund. Motor geht aus, Schrecksekunde, weitere Sekunden Zweifel was tun, mittlerweile bist Du noch 450 ft hoch. Schirm ziehen? also for sure--> me not! 

    Insofern würde ich persönlich den Schirm nur dann ziehen wenn ich weis das die grosse Entscheidung schon von jemandem getroffen wurde und ich schon in der Luft men Testatment gemacht habe. Da haste dann nicht mehr viel zu verlieren......

    Ach ja und ich glaube es war auch prüfungsrelevant einen Flieger ohne Antrieb sicher zu landen......die Segelflieger machen das dauernd und sterben und verletzen sich auch nicht reihenweise...

  • ich hab mal die Geschichte einer UL-Prüfung gehört, bei der die Flugplanung bei direkter Verbindung von Start- und Zielflugplatz über eine der größten Waldflächen der Bundesrepublik geführt hätte.

    Der Prüfling hat das auch so geplant (hätte ich damals wohl auch so gemacht).

    Aber der Prüfer meinte: "Nein, wir fliegen nicht über solche großen Waldflächen, wenn ich immer so geflogen wäre, wäre ich schon tot."

    Ich denke, der Prüfer hat Recht und ich mache das heute auch so. Vermeidbare Hindernisse wie Städte, Wald, Tagebau, Gewässer, ... werden nur am Rand überflogen, damit die Option Außenlandung möglichst lange erhalten bleibt.

    Mit Rettungsschirm in der Frankfurter Innenstadt ... das gibt ein super Zeitungsartikel.

  • Na, wenn man immer so planen würde, dass einem der Rotax demnächst verreckt, könnten zig Piloten weder auf die Nordseeinseln, noch auf die Balearen fliegen. Dass dein Fluglehrer so miese Erfahrungen gemacht hat, tut mir persönlich leid. Nichtsdestotrotz kenne ich viele Piloten, die einmotorig vom spanischen Festland zu den Balearen und wieder zurück fliegen. Unzertifizierte Rotax-Motoren. Immer wieder Hin und Zurück. Und trotzdem kein einziger Unfall. Scheint wohl wirklich an der Wartung zu liegen...

    VG, Tobias

  • Moin, als passionierter Segelflieger würde ich sofern landbares Gelände in der Nähe ist immer eine Außenlandung machen. Daran ist überhaupt nichts schlimmes. Ich bin auch schon wegen eines Motorproblems auf einem Feldweg gelandet, alles ganz unproblematisch.

    Sollte ich über unlandbarem Gelände/Zivilisation sein, dann würde ich wohl zwangsweise die Rettung ziehen, ansonsten gibt′s dafür aber keinen Grund dazu.


    Gruß Kurt

  • WhatTheHeck schrieb:
    Scheint wohl wirklich an der Wartung zu liegen...
    .... aus meiner Sicht - und das belegen die Diskussionen hier im Forum - ist das absolut zutreffend, wie auch hier deutlich wird.
  • Fürchte so ganz schwarz /weiß kann man das wohl nicht sehen.....mega komplex - auch mental.

    Denken wir mal an die vielen Piloten, die ursprünglich mal mit SF, TMG oder MF (sofern nicht gerade Cirrus) angefangen haben und eben bis zum ersten UL Start die Option roter Hebel nicht hatten. Den roten Hebel dann als Pattern abzurufen im Fall X mag da dann schwieriger sein....

    ...und wenn man dann mal so Unfallberichte Revue passieren lässt (ohne jetzt genaue Statistiken zu kennen, meines Wissens gibt es da nur zur Cirrus eine Auswertung) erkennt man doch, das wohl oft gar nicht oder zu spät gezogen wird.

    Bei den Amis gibt es da eine Menge Diskussionen und Empfehlungen mit sich selbst quasi einen inneren Vertrag abzuschließen bei welchen Bedingungen man welche Entscheidung trifft, dass beginnt bei Faktoren z.B. für Seitenwind und hört beim roten Hebel auf - klingt esotherisch, aber für sich selber aber scher wichtig um nicht schleichend den Point of No Return zu verpassen.

    Zum Schirm zurück:

    Für mich wäre wichtig zu schauen, hab ich das Problem grob verstanden, wie schnell muss eine Entscheidung getroffen werden und kann die Lage beeinflussen?

    Sicherlich sehr klar bei strukturellen Versagen , "lost" in IMC oder wenn ich als einziger Pilot ausfalle (z.B. Herzkasper)

    Schwieriger wird es schon beim Triebwerksausfall oder Brand, dann spielen eben auch Überlegungen eine Rolle was unter mir ist oder wie lange brauche ich um unten zu sein.

    Will ich z.B  notwassern und einen Überschlag riskieren - könnte schwierig sein dann aus dem Flieger zu kommen?

    Über unlandbaren Gelände wo es eh Bruch gibt steht sicher im Vordergrund wie ein Einschlag mit möglichst geringer Energie erfolgt

    Hat halt immer was mit Risikoabwägung (...und auch Glück zu tun insbesondere weil ja auch die Sinkgeschwindigkeit am Schrim nicht easy peasy  ist und auch da durchaus schere Verletzungen entstehen könnten.

    Aber: Die Mehrheit am Schirm hat überlebt...

    Hier mal ein Video, finde da hat er alles richtig entschieden:

    https://www.youtube.com/watch?reload=9&v=2Z2vn_rAk8E&ab_channel=UweKn%C3%B6chel

    Gibt ein tolles Video von einem Cirrus Transferpiloten, dem der Sprit asugegangen ist....der wusste er hat noch viel Zeit, wird aber das Festland nicht erreichen.....die Überlegungen und Kommunikation mit der Leitstelle und anschließend das ziehen des Schirm zur Landung neben einem Kreuzfahren fande ich interessant...finde das gerade nicht, aber den Artikel dazu

    https://airwork.biz/cirrus-sr22t-caps-landung-im-pazifik/

  • ...und noch ganz spannend:

    https://www.youtube.com/watch?v=zT58pzY41wA&ab_channel=AVweb

  • Netter Satz aus dem Video von AVWeb:

    "Forget the stigma. It's better to go home with a good story than to ride your ego into a crater"

    Klarer Satz. Es ist sicher notwendig, den Schirm in sein Mindset aufzunehmen. Eine UL Flugschule in Straußberg bot Sicherheitstraining im Simulator an, Teil des Trainings: nutzen des Schirmes und Verhalten vor dem Aufprall. War ziemlich interessant. Mich hats weitergebracht.

    Ich finde, unser Sicherheitsbewußtsein, unser Wissen und die Trainingsmöglichkeiten sind unterentwickelt, da sollten wir dazu beitragen das weiterzuentwickeln. Ob Schirm oder Landung, das ist ein Teil-Thema. Aber das Problem ist weitaus umfangreicher.

    Gerd

  • Gibt es hier in der Leserschaft jemanden, der bereits die Rettung benutzt und darüber berichten kann? Wäre superinteressant. 

    Günter

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