Man sieht nur, was man weiß

Forum - Unfallprävention
  • Ich bin nicht so ganz unbeleckt, was Flugzeugtechnik angeht. In der Theorie weiß ich ziemlich viel und seit einer Reihe von Jahren kommt über Modellflug und manntragenden Flug immer mehr Praxiserfahrung dazu.

    Ich habe für mich erkannt, daß  bei den üblichen Kontrollen längst nicht alle möglichen Defekte und Fehler(chen) an einem Flugzeug erkannt werden, es sei denn man weiß, wo und wie man schauen muß.


    Ich bin sicher: man sieht nur, was man weiß!

    In diesem Sinne möchte ich einen Erfahrungsaustausch anregen: Welche Art von nicht ganz offensichtlichen Defekten und Unzulänglichkeiten an Euren Maschinen sind irgendwann aufgefallen und wie hätte man schauen müssen, um das vielleicht gleich zu entdecken? Welche merkwürdigen Symptome deuten einen Defekt an, bevor er kritisch wird?

    Ich wünsche mir dabei, daß sich möglichst viele auf Ihre eigene Erfahrung begrenzen und daß die ab und zu vorkommenden persönlichen Angriffe mal ganz wegfallen.

    Laßt uns aus Erfahrungen lernen.
  • FK 9: ein aufmerksamer Blick auf die Haltebügel der Hauptfahrwerksbeine (U-Eisen unter dem Rumpf) und deren Befestigungsachrauben lohnt sich bei jeder Vor-/Nachflugkontrolle. Überlasteinflüsse ziehen verbogene oder abgerissene Schrauben/Muttern nach sich.
  • Typgebundene Checkliste!

    Rüdiger
  • Checklisten sagen oft nur, wo man hinschauen soll, bleiben aber sehr allgemein mit Hinweisen, wie sich ein ungewöhnlicher Zustand andeutet. Darum geht es: sehen lernen
  • Flüssigkeitstropfen unter dem Flugzeug? Kühlflüssigkeit? Öl? Sprit?

    Kraftstoff wird zäh, erinnert an Glykol und verliert seinen typischen Geruch, wenn die leicht flüchtigen Bestandteile verdunsten. In einem konkreten Fall konnte selbst ein Profi nicht auf Anhieb mit Sicherheit sagen, daß es sich um Kraftstoff handelte. Der dahinter stehende Defekt war garnicht mal so harmlos. Erst einige Sucherei deckte das Problem auf.
  • Letzten Sonnabend habe ich für einen Kumpel eine C-22 probegeflogen, die er kaufen wollte.

    Zu viert haben wir den Vogel auf Herz und Nieren geprüft. Die Maschine hatte eine frische JNP und wurde angeblich von einem erfahrenen Piloten werkstattprobegeflogen. Davor war das Gerät weitgehend zerlegt gewesen.

    Also hüpfte ich in die Maschine und gab munter Vollgas. Die Kiste hob ab und rollte zugleich munter nacht rechts. Seitenwindböe? Also ordentlich Querruder dagegen. Der starke Rechtsdrall blieb während des gesamten Fluges. Nach 30 Minuten hatte ich fast nen Krampf vom dauernden gegenandrücken.

    Dann wollte ich die Mühle im Langsamflug testen. Gas raus, 4.000 U/min. Bei 80 fing das Leitwerk so stark an zu rütteln, dass ich befürchtete, dass es gleich abreisst. Also wieder Gas rein und der Zustand beruhigte sich.

    Die Landung war entsprechend tricky. Mit Stoff in den Landeacker.

    In der Nachschau stellte sich heraus, dass die rechte Höhenruderklappe ein paar Grad nach oben stand. Dies ist bei der Vorflugkontrolle mit hängenden Rudern nicht aufgefallen.  

    Nebenher waren Vario und Geschwindigkeitsmesser eine Katastrophe, die Spritleitung zog munter Luft und warf entsprechend Blasen. Es stank zwischendurch nach Abgasen. Aber ansonsten flog der Vogel richtig gut.

    Daraus habe ich gelernt, dass man sich in der Fliegerei auf nichts und niemanden verlassen kann und mit allen möglichen Überraschungen zu rechnen ist. Nach dem Aussteigen hatte ich gute Lust jemanden aufs M....... zu klopfen, zumal der Besitzer ein absolut unerfahrender Anfänger ist. Dieser wäre ganz sicher ins offene Messer gerannt.

  • Stimmt , 
    C 42 b   Metal- Haltewinkel am Radschuh auf Risse prüfen.
    Spinnerplatte aus Metal auf Risse prüfen. Dazu in den Spalt schaeun und Propeller schrittweise drehen. 
    Aktuell ist eine  Carbonplatte verbaut.
    Spritfilter prüfen. Da waren schon mal kleine Ablagerungen drin. 

    Fliege nur noch mit Ersatzrad und Reifenspray  an Bord.  Platten auf fremden Flugplatz ist nervig und teuer. 


    Grüße
    Peter 
     
  • Hallo Techbaer ;-) ,

    also mir ist dies bezueglich keine brauchbare Checkliste im UL-Bereich bekannt. Das ist ja auch der Charm der ganzen Geschichte. Es wird alles in unsere Hände gelegt...
    Wer nur Fliegen will, aber mit der Technik nichts zu schaffen haben möchte, sollte eventuell nicht UL fliegen (nur so eine Idee - kein Anlass zur Aufregung)

    Wenn ich aber mein Leben mitsamt meines amateurhaften "Fliegerkönnens" einer Maschine anvertraue, schaue ich mir schonmal alles an, was ich mir genau ansehen kann. Die Geschichte von 924driver finde ich absolut treffend, da er genau beschreibt was schnell passieren kann. Ich halte mich nach wie vor für einen fliegerischen Anfänger und eventuell waere ich mit der Situation garnicht klar gekommen und durch die "paar Grad" vom Himmel gefallen...

    Genau aus diesem Grund sollte man mit offen Augen und unvoreingenommen Sinn an die Sache ran gehen. Vor allem Zeit braucht man. Gehetzt zum Flugplatz um schnell eine Feierabendrunde zu drehen ist da schon eine schlechte Voraussetzung, vor allem wenn es nicht der eigene Flieger ist, bzw. viele "Koenner" wie ich auf der Maschine "reiten".

    Ein Flugclub mit mehreren Maschinen ist ein toller Ort zum Erlernen dieser Dinge. Wir haben das Glück bei uns einen sehr erfahrenen und auch peniblen "Werkstattmeister" zu haben. Obwohl durch frühere Motorschraubereien (Motorraeder, etc.) nicht ganz unbedarft, konnte ich viel durch abschauen erlernen. Da geht es weniger um das Schrauben als solches, sondern das genaue Durchsehen aller Installationen im Flieger - sehr aufschlussreich sind da die 100h Checks. Eiserne Regel: im Zweifelsfall Teile gegen original Ersatzteile tauschen. Vor allem Kabel und Benzin- Kühlwasserleitungen inklusive der gesicherten Schellen sowie Halterungen. Für diese Schellen braucht man eine spezielle Zange. Das ist die halbe Miete. "Geiz ist hier nicht geil"...

    Interessant die Anmerkung von Techbaer zur FK9: Einmal standen unsere beiden FK9 hintereinander im Hangar und da ist mir beim Blick in die Halle - aus einiger Entfernung - aufgefallen, dass bei der älteren Maschine der Radsturz anders war als bei der erst kürzlich angeschafften. Die Räder schienen auch ein wenig weiter auseinander zu stehen. (Die ältere FK9 ist die Schulungsmaschine)
    Ein kurzer Check ergab eine starke Verbiegung des Befestigungs-U-Eisens. Direkt getauscht und bis Heute...Toi toi toi. Wer weiss...
    Auch macht es Sinn schon vor der nächsten 100h Kontrolle an einem Schulungsflieger (wieder FK9, diesmal MK4SW) die Aufhängung des Bugrades (Bolzen auf Verbiegung prüfen!) zu kontrollieren. Wurde gar auf "Berenger-Raeder" umgerüstet, unbedingt den Freilaufabstand zwischen Strebe und Gummioberflaeche bei korrektem Luftdruck des Reifens prüfen. Wenn der Abstand zu klein ist, drückt die Strebe beim Aufsetzen in den Reifen hinein. Das fuehrt zu hohem Gummiabrieb in der Mitte und innerhalb weniger Flugstunden zur merkwuerdigen Anhaeufung von "Plattfuessen".
    Da gibt es mit Sicherheit noch viele andere Hinweise.

    Worum es aber eigentlich geht: Die Gewissheit über die Flieger habe ich nur wenn ich mir das alles mal ordentlich und in Ruhe ansehe und gegebenenfalls auch vermesse. (Ich setze eine ordentliche Werkzeugausruestung einfach mal voraus) Vielleicht fliegt man dann mal am Sonntag nicht, sondern ist dann in der Halle beschaeftigt... Alleine das ANSCHAUEN der Dinge wirft manchmal Fragen auf: War dieses kleine Blech hinten am Ruder schon immer da? Schon immer so schief? ;-)
    Wenn dann eine neuer Flieger (egal ob neu oder gebraucht) daher kommt, gilt es die Installation zu prüfen. Das gilt für Kabel, vor allem Kabelverbindungen! (Nein, an der Batterie bitte nicht gelötet), Schläuche, Gummipuffer, SCHRAUBVERBINDUNGEN, etc. Nach erfolgreichem Check wird der Motor angeworfen und dann gibt es allenfalls Taxi-Übungen, Bremsen? Dann zurück in die Halle und weiter schauen. Ist halt alles nicht fuer eilige, aber ein tolles Hobby. ;-) Wie schaut es mit Kompression und Vergasersynchronisation aus? (come on, it′s not rocket science) Spiel an beweglichen Teilen? Bowdenzuege in Ordung? Leichtgaengig?
    Eventuell hat man ja eine Art Referenzflieger vor Ort, bei dem man mal schauen kann: Wie wurde die Leitung bei dem anderen Rotax / Jabiru / ... verlegt? Steht da auch kein Firmenname und keine Produktnummer drauf? Haengt das Kabel bei dem auch einfach so runter? Ist das Massekabel korrekt mit Zahnscheibe befestigt, etc. etc. Batteriespannung? Welche Fragen dann wichtig sind: Ist diese oder jene Leitung korrekt verlegt und gesichert? Materialqualität? Da wir das kürzlich hier hatten: Was für eine Benzinleitung? Ist das fuer diesen Zweck produzierte Ware? Nein, wir verwenden keine Baumarktleitungen. Das kann man eventuell tun, nur muss ich auch die eventuell entstehenden Konsequenzen tragen. Die Frage lautet für mich: Will ich das? Ich kann das für mich klar beantworten: Nein.

    Lange Rede kurzer Sinn: Zeit nehmen, nachdenken und prüfen, soweit möglich. Inklusive Klappen, (Verbiegungen?) Winkel, Sicherungsring hier und da, etc.

    Ansonsten eben so machen wie Georg mit seinem Vergaserproblem: hier gefragt, gutes Detailfoto gepostet und ordentliche Antworten erhalten. Darum schätze ich dieses Forum sehr. Es gibt immer wieder Dinge die ich hier lerne. Danke dafuer.

    Viel Spass,

    Laotse

     
  • Hallo Laotse,

    Herzlichen Dank für den ausführlichen Beitrag. Ein Blick in eine große Schatzkiste von Erfahrung und Wissen ist Gold wert.

    Sich Zeit nehmen ist auch aus meiner Sicht wichtig. Da kann ich genüßliches Putzen sehr empfehlen. An einem trüben Sonntag habe ich in mehreren Stunden den Motorraum meiner Maschine auf Hochglanz gebracht. Jetzt kenne ich die Ecken und Details recht gut (Rotax 912 UL).

    Der Motorträger ist zum Glück weiß und zeigt somit jede eventuelle Schwäche. Es gibt ein paar Lackschäden, die es auszubessern gilt.

    Der Ablauf der Auffangwanne an einem Vergaser war verstopft und die nach außen führende Abflußleitung war 1) aufgrund sinnvoller Verlegung schlecht zu sehen und 2) völlig porös und ebenfalls nicht durchlässig.

    Ummantelte Leitungen sind eine schlechte Idee, habe ich gelernt, weil deren Zustand nur schlecht sichtbar ist.

    Wenn man den Gashebel auf Vollgas stellt, dann sind die Federn, die die Drosselklappen im Fälle eines gerissenen Bowdenzugs voll öffnen sollen, weitgehend entlastet. Auf einer Seite ist die Feder ganz lose und überhaupt nicht mehr auf Spannung (ermüdet?). Außerdem fehlt ein kleiner  Kunststoffeinsatz an dem Hebel, wo die Feder eingehängt ist. Metall läuft auf Metall. Geht bestimmt nicht lange gut.

    Gruß Techbär
  • Techbär Metall läuft auf Metall. Geht bestimmt nicht lange gut.
    War bei älteren 912er Standard. Bei unser Klapperkiste (98er) hatte sich die Feder soweit in das Metall gearbeitet, dass die Feder nur noch lose schlackerte. Der Ersatz (jetzt immer mit Plastikeinsatz) wird übrigens mit Gold aufgewogen :-)

    Bye Thomas
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